Scrum Wert - Commitment

Ich erlebe Teams, die durch den Begriff des Commitment unter Druck gebracht werden. Commitment wird im Deutschen gerne als Versprechen der Zielerreichung interpretiert. Das ist weit mehr als ein "Ich gebe mein Bestes", denn schließlich gilt ja: "Versprechen bricht man nicht". Darauf kann man sich verlassen. So sind wir erzogen worden. Auf Nichteinhaltung folgt die Sanktion. Das ist es, was uns die Erfahrung lehrt.

Wie interpretieren wir denn dann Commitment richtig, wenn nicht als ein zwingend einzuhaltendes Versprechen, ein Ziel zu erreichen?

Werfen wir einen Blick in den Scrum Guide.
In früheren Tagen war dort immer vom Commitment des Teams zum Inhalt und Umfang des Sprint-Backlog zu lesen. Das ist inzwischen revidiert worden. Die Autoren haben erkannt, dass Teams dadurch unter Druck geraten, welcher Menschen und Produkt schlecht bekommt oder dass Teams einfach zu erreichende Sprint Backlogs zusagen, um auf der sicheren Seite zu sein. In Bezug auf das Sprint Backlog spricht der Scrum Guide von einem Forecast. Wir geben also eine Vorhersage zum Sprint Backlog ab. Das ist eher ein: "Wir sind uns relativ sicher, das Ziel des Sprints erreichen zu können, können es aber nicht garantieren!". Ein wenig erinnert es an die Wettervorhersage. Und wenn wir ehrlich sind, wissen wir, dass es in Entwicklungsprojekten oft weitaus mehr Unsicherheit gibt, als beim Wetter.

Lesen wir noch einmal am Anfang des Scrum Guide:

"People personally commit to achieving the goals of the Scrum Team."

Hier kann man die ursprüngliche Bedeutung von Commitment als Scrum Wert herauslesen. Es geht darum, sich auf das Ziel des Teams, das Vorhaben an sich, einzulassen. Sein Bestreben darauf auszurichten den gemeinsamen Erfolg zu sichern. Es geht um den Willen des Einzelnen, das Beste zu liefern, wozu er fähig ist, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Gönnt mir einen Vergleich: Ich bin viel mit dem Auto unterwegs. Kann ich meiner Familie versprechen, immer gesund zu Hause anzukommen? Ich glaube nicht. Denn die Wahrscheinlichkeit, dieses Versprechen nicht einhalten zu können ist nicht gerade klein, wenn man die Unfallstatistiken betrachtet. Ich kann nämlich nicht ausschließen, das ein Unfall passiert. Ich kann nicht einmal ausschließen, dass ich selbst Fehler mache und dadurch einen Unfall verursache. Aber ich kann im Sinne von Commitment sagen: Ich habe unbedingt das Ziel, gesund und sicher anzukommen. Das werde ich nicht aufgeben. Dafür kann ich mein Bestes geben.

Was aber bringt uns eigentlich die Unterscheidung zwischen dem Versprechen der Zielerreichung und der Verbindlichkeit zum Ziel? Einfach zusammengefasst:

• Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen. Der Druck ist eindeutig formuliert. Da ist kein Platz für ein "Vielleicht".

• Ich stehe verbindlich dazu und werde mein Bestes geben. Der Druck ist weg und ich kann mich mit dem Erreichen des eigentlichen Zieles befassen, anstatt mit der Sorge um die Konsequenzen eines Misserfolges.

Es geht also darum, ein gemeinsames Ziel zu erreichen und sich auf dieses Ziel zu orientieren. Auf die Frage, wann ein Ziel als gemeinsames Ziel ein Commitment des Einzelnen verdient, gehe ich in einem zukünftigen Blogpost ein.